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Legierungen - Grundlagen

Autor: Hans Lohninger

Die folgende kurze Einführung soll nur einen Überblick über das sehr umfangreiche Gebiet der Legierungen geben und kann dieses Gebiet nicht einmal ansatzweise abdecken.

Legierungen kann man grob in drei Klassen einteilen:

  • Einphasige Legierungen (feste Lösungen): Eine Legierung, die aus komplett mischbaren Bestandteilen besteht (z.B. Kupfer und Nickel in beliebigen Mischungsverhältnissen) ergibt beim Abkühlen eine feste Lösung der Bestandteile. Es kann also jeder Gitterplatz im festen Metall wahlweise durch eine beliebige Atomsorte der Legierung eingenommen werden.
  • Intermetallische Verbindungen: Stöchiometrisch zusammengesetzte Substanzen, deren Bestandteile in einem festen Verhältnis zueinander stehen, z.B. MgZn2 oder Cu3Au. Intermetallische Verbindungen scheiden sich beim Abkühlen oft als Teil einer Mehrphasenlegierung ab.
  • Mehrphasenlegierungen: Ist die Löslichkeit in der festen Phase beschränkt, so entsteht beim Abkühlen ein mehrphasiger Aufbau des festen Metalls. So entsteht z. B. beim Abkühlen einer flüssigen Mischung von Zink und Kupfer bei einem Zinkanteil größer als 40% ein zweiphasiger fester Stoff der einerseits aus der metallischen Verbindung CuZn und andererseits aus einer Lösung von Zink in Kupfer besteht.

Für die Entstehung einer festen Lösung müssen folgende Kriterien erfüllt sein (Hume-Rothery-Regeln):

  • Die Kristallstrukturen der beiden Metalle müssen gleich sein
  • Die Atomradien der beteiligten Stoffe dürfen sich nicht mehr als um 15% unterscheiden, damit im Gitter keine zu große Spannung entsteht
  • Die Elektronegativitäten sollten in etwa gleich sein, um eine Verbindungsbildung zu verhindern.
Diese Regeln sind aber nur als Anhaltspunkte zu sehen, Ausnahmen gibt es immer wieder.

Grundsätzlich gilt, dass durch Zulegieren eines zweiten Metalls die Festigkeit des Hauptmetalls steigt. Legiert man also zu Kupfer ein paar Prozent Zinn, so steigt die ursprüngliche Festigkeit von Kupfer mit steigendem Zinngehalt entsprechend an. Weiters gilt, dass die Festigkeit stärker steigt, wenn die Atomradien sich stärker unterscheiden. Messing (eine Cu-Zn-Legierung) ist weicher als Bronze (Cu-Sn-Legierung), da Zink etwa den gleichen Atomradius aufweist wie Kupfer, der Atomradius von Zinn aber erheblich größer als der von Kupfer ist.

Legierungen können aber nicht nur aus zwei Metallen bestehen, sondern auch aus einer größeren Zahl von Elementen bestehen, deren Phasendiagramme meist ziemlich komplex sind. So besteht z.B. V4A-Stahl typischerweise aus 69% Fe, 17% Cr, 12% Ni und 2% Mo.

Intermetallische Verbindungen lassen sich in vier Gruppen unterteilen:

  • Hume-Rothery-Phasen: Unter Hume-Rothery-Phasen versteht man Legierungen der d-Block-Elemente (Scandium bis Zink) mit den Elementen der 12., 13. und 14. Gruppe (Zink-, Bor- und Kohlenstoffgruppe) bei denen die Gesamtzahl der Leitungselektronen und die Gesamtzahl der Kationen in einem ganzzahligen Verhältnis stehen. Beispiele für Hume-Rothery-Phasen sind CuZn, CuSn, FeZn7, Cu5Sn, oder Co5Zn21.
  • Zintl-Phasen: Zintl-Phasen sind intermetallische Verbindungen mit heteropolaren Bindungen, die sich bevorzugt aus s-Block-Elementen (Alkali- und Erdalkalielemente) mit den (Halb-)Metallen der 13. bis 16. Gruppe bilden. Beispiele dafür sind NaSn, LiAl, oder Ca2Si.
  • Laves-Phasen: Unter Laves-Phasen versteht man jene intermetallischen Verbindungen, bei denen eine Metallbindung auftritt und das Radienverhältnis der beteiligten Atome 1 zu ca. 1.225 ist. Laves-Phasen treten in drei Strukturtypen auf: MgCu2, MgZn2 und MgNi2. Von jedem dieser Strukturtypen sind hunderte Verbindungen bekannt.
  • Nickelarsenid-Phasen: Diese beruhen auf der hexagonal-dichten Packung des einen beteiligten Metallpartners und der Belegung aller Oktaederlücken durch den anderen Metallpartner (generell M'M, wobei M' aus der 4. bis 8. Nebengruppe stammt, M aus der 3. bis 6. Haupgruppe) . Verbindungen vom NiAs-Typ sind Halbleiter oder metallische Leiter. Beispiele: AgSn, PtSn, CrSb, der CuSb).

 

Die folgende Tabelle listet einige wichtige Beispiele von Legierungen auf:

Hauptbestandteil Zusammensetzung Eigenschaften Anwendungen
Berylliumbronze 2-7% Be, Rest Cu sehr hart, sehr gute elektr. und therm. Leitfähigkeit Motorteile, Relaiskontakte
Bronze (Zinnbronze) 5-22% Sn, Rest Cu zäh, korrosionsbeständig Formguss, Statuen, Glocken
Duralumin 5% Cu, Rest Al hart, gut bearbeitbar Flugzeugbau, Ladeflächen für Klein-LKWs
Edelstahl Fe, Cr, Ni, etc., siehe rostfreier Stahl - breites Anwendungsfeld
Invar 36% Ni, Rest Fe geringe Wärmeausdehnung Bimetalle, Lochmasken in TV-Geräten, Flüssiggastanks in Schiffen
Konstantan 54% Cu, 45% Ni, 1% Mn temperaturunabhängiger elektr. Widerstand elektrische Geräte
Letternmetall 65-67% Pb, 28-29% Sb, 5-6% Sn niedrig schmelzend Bleisatz in Druckereien
"Lötzinn" viele verschiedene Legierungen, siehe Lot niedrig schmelzend zum lötenden Verbinden von Metallen
Messing typ. 37% Zn, 63% Cu fest, gute elektr. Leitfähigkeit sehr breites Anwendungsspektrum
Monel 65% Ni, 33% Cu, 2% Fe hohe Zugfestigkeit, korrosionsbeständig Druckflasche für Fluor, Teile in Chemieanlagen
Nitinol 50% Ni, 50% Ti Memoryeffekt, superelastisch Spezialanwendungen des Memoryeffekts, Federn
Phosphorbronze 92.5% Cu, 7% Sn, 0.5% P zäh und fest Achslager
Prestal® 78% Zn, 22% Al bei 270°C plastisch, bei Raumtemperatur fest wie Stahl  
Skleron 3-8% Zn, Rest Al leicht, sehr fest Flugzeugbau
Supermalloy 79% Ni, 16% Fe, 5% Mo weichmagnetisch, hohe Permeabilität Abschirmung von Magnetfeldern
Vitallium 25-30% Cr, 5-10% Mo, Rest Co korrosionsbeständig künstliche Gelenke, Implantate, Gasturbinenschaufeln
Wood'sches Metall 50% Bi, 25% Pb, 12.5% Cd, 12.5% Sn niedriger Schmelzpunkt (60°C) Schmelzsicherung, Heizbad im Labor



Last Update: 2013-08-08