Anorganische Chemie ist eine frei verfügbare Einführung in die anorganische Chemie. Details zum Buch finden Sie im Editorial....


Schwefelwasserstoff

Autor: Hans Lohninger

Formel H2S
CAS-Nr. 7783-06-4
Molekulargewicht (1) 34.08 amu
Schmelzpunkt -85.7 °C
Siedepunkt -60.2 °C
Dichte [0°C] 1.54 g/l

Schwefelwasserstoff, H2S, ist ein farbloses, stark übel (nach faulen Eiern) riechendes, giftiges Gas, das sich in Wasser mäßig gut löst (4.65 l H2S in einem Liter Wasser bei 0 °C). Die entsprechende wässrige Lösung ist ca. 0.1-molar und wird Schwefelwasserstoffwasser genannt. Da sich Schwefelwasserstoffwasser an der Luft und durch Lichteinwirkung zersetzt (Schwefelabscheidung), muss Schwefelwasserstoffwasser in dunklen, möglichst vollen Flaschen gelagert werden.

Schwefelwasserstoffwasser verhält sich wie eine schwache zweibasige Säure, die Salze dieser Säure sind Hydrogensulfide und Sulfide. Während die Hydrogensulfide gut wasserlöslich sind, sind die meisten Sulfide (mit Ausnahme der Alkalisulfide) sehr schwer löslich bzw. nahezu unlöslich in Wasser. Man nutzt die Schwerlöslichkeit der meisten Sulfide in der analytischen Chemie zum gruppenweisen Fällen von Metallen (Kationen-Trenngang durch Fällung mit Schwefelwasserstoff): Je nach Löslichkeitsprodukt fallen manche Sulfide bereits in saurer Lösung aus, andere erst in basischem (ammonikalischem) Milieu.

Flüssiger Schwefelwasserstoff ist ein gutes Lösungsmittel.

Erhitzt man Schwefelwasserstoff, so zerfällt er in seine Elemente; bei 1 bar und 1000°C liegt das Gleichgewicht ungefähr in der Mitte, es ist also die Hälfte des Schwefelwasserstoffs zerfallen. Schwefelwasserstoff verbrennt an der Luft - abhängig von der Menge zugeführten Sauerstoffs - entweder zu Wasser und Schwefeldioxid, oder zu Wasser und Schwefel:

2 H2S + 3 O2 2 H2O + 2 SO2
2 H2S + O2 2 H2O + 2 S

Vorkommen und Gewinnung
Schwefelwasserstoff kommt in Erdöl und Erdgas vor (manche Erdgasquellen in Kanada haben 15% H2S-Anteil) und fällt in sehr großen Mengen bei der Erdölentschwefelung an. Im Labor kann man Schwefelwasserstoff am einfachsten mit Hilfe des Kipp'schen Apparats aus Eisensulfid und Salzsäure erzeugen:

FeS + 2 HCl H2S + FeCl2

Allerdings ist der so gewonnene Schwefelwasserstoff mit Wasserstoff verunreinigt, da das Eisensulfid meist auch etwas Eisen enthält. Zur Entwicklung von wasserstofffreiem H2S verwendet man statt Eisensulfid am besten Calciumsulfid. Technisch wird Schwefelwasserstoff aus den Elementen bei 300°C und in Gegenwart von Katalysatoren erzeugt.
Toxikologie
H2S ist ein heimtückisches Gift. Einerseits wird es bereits weit unter der toxischen Konzentration wahrgenommen (Geruch nach faulen Eiern, die Riechschwelle liegt bei 25 ppb, akute Vergiftungserscheinungen zeigen sich ab 10 ppm), und andererseits tritt schon bei relativ niedriger Konzentration (ab 200 ppm) eine Lähmung der Riechzellen ein, so dass H2S dann nicht mehr wahrgenommen wird. Ab einer Konzentration von 1000 ppm (0.1 Vol.-%) tritt schon nach wenigen Atemzügen der schnelle Tod durch Atemlähmung ein. Da die Vergiftung durch H2S reversibel ist, sollte ein Unfallopfer so schnell wie möglich aus der H2S-haltigen Atmosphäre gebracht werden und möglichst mit Sauerstoff beatmet werden (die Retter müssen Atemschutzmasken tragen und sich anseilen).



Last Update: 2013-08-08