Anorganische Chemie ist eine frei verfügbare Einführung in die anorganische Chemie. Details zum Buch finden Sie im Editorial....


Flamme und Verbrennung

Autor: Hans Lohninger

In der Rubrik Chemie im Alltag werden Chemikalien des täglichen Gebrauchs und alltägliche chemische Vorgänge allgemein verständich beschrieben.

Ausführliche physikalisch-chemische Details zu Verbrennungsvorgängen finden Sie z.B. in den Büchern von M.A. Liberman , J. Jarosinski und B. Veyssiere. , oder E.L. Keating.

Flammen sind faszinierende Erscheinungen, die von vielen Menschen fast als stoffliche Gebilde begriffen werden und irgendwie doch nicht greifbar (sic!) sind. Fix ist nur, dass eine Flamme heiß ist und etwas mit Verbrennung zu tun hat....

Was ist nun - physikalisch/chemisch betrachtet - eine Flamme? Eine Flamme ist eigentlich nur ein leuchtender Bereich in einem Gas (meist in Luft), der dadurch zustande kommt, dass das Gas in diesem Bereich ionisiert ist. Die Moleküle und Atome in diesem Bereich verlieren also ein oder mehrere Elektronen, oder lagern Elektronen an. Dadurch werden die Teilchen elektrisch geladen. Man nennt dieses ionisierte Gas auch "Plasma". Das Leuchten der Flamme bzw. des Plasmas basiert einerseits auf der meist hohen Temperatur in der Flamme (Körper mit hoher Temperatur geben eine Strahlung ab, die ab ca. 500°C auch nennenswerte Anteile im sichtbaren Bereich des Lichts enthält), und andererseits auf der Anregung von Atomen, die ihrerseits eine charakteristische Strahlung aussenden. Diese Strahlung ist gefärbt, ihre Farbe hängt von der Art der angeregten Atome ab (siehe Flammenfärbung).

Die Flamme eines Bunsenbrenners gehört zur Klasse der diffusionskontrollierten Flammen. Die dargestellten Flammen zeigen die Unterschiede in Abhängigkeit der Luftzufuhr: (1) geschlossenes Luftventil, (2) leicht geöffnetes Luftventil, (3) halb geöffnetes Luftventil und (4) volle Luftzufuhr. Foto: Wikimedia Commons, user WarX

Wie heiß wird eine Flamme?

Die Temperatur einer Flamme hängt von vielen Faktoren ab, z.B. von der Art der verbrennenden Substanz, von der Vermischung der Gase (laminar, turbulent), ob die Gase vor der Verbrennung schon vorgemischt sind und deren Mischungsverhältnis, und bei laminaren Flammen von der Position der Temperaturmessung. Die folgende Tabelle gibt die Temperaturen einiger Flammen an.

Substanzen Temperatur [°C]
Schwefelkohlenstoff/Luft 200
Holz/Luft 500-600
Streichholz/Luft 600-1200
glühende Holzkohle/Luft 800
Propan/Butan/Luft 1920
Erdgas/Luft 2000
Wasserstoff/Luft 2130
Acetylen/Luft 2250
Acetylen/Sauerstoff 3030
Wasserstoff/Sauerstoff 3080
Dicyanoethin/Ozon (bei 40 bar) 5700

Bei welcher Temperatur brennt ein Stoff?
Man muss zwischen Flammpunkt und Zündtemperatur unterscheiden. Der Flammpunkt einer Flüssigkeit ist die niedrigste Temperatur bei der sich im Gasraum über der Flüssigkeit ein zündfähiges Gasgemisch bildet. Unterhalb des Flammpunktes ist es unmöglich einen Stoff zu entzünden, da die erzeugte Wärme aus der Reaktion der beteiligten Stoffe zu gering ist um eine Verbrennung aufrecht zu halten. In der Praxis sollte man bei der Lagerung von brennbaren Flüssigkeiten einen Sicherheitsabstand von zumindest 15° zum Flammpunkt einhalten. Bei Feststoffen und Gasen ist es nicht sinnvoll, einen Flammpunkt anzugeben.

Die Zündtemperatur oder auch Selbstentzündungstemperatur ist jene Temperatur, auf die man einen Stoff erhitzen muss, damit sich dieser ohne Zündquelle von selbst entzündet. Die Zündtemperatur hängt nicht mit dem Flammpunkt zusammen, sondern vielmehr mit der Reaktionsfreudigkeit des jeweiligen Stoffes.

Die folgende Tabelle gibt die Flammpunkte und Zündtemperaturen für einige Stoffe an:

Stoff Flammpunkt [°C] Zündtemperatur [°C]
Aceton -18 540
Äther (Diethylether) -40 160
Benzin unter -20 200-400
Diesel über 55 220-250
Erdgas   600
Essigsäure 40 460
Ethanol 13 425
Fichtenholz   280
Holzkohle   300
Methanol 11 455
Schwefel   250
Terpentin 36 255
Wasserstoff   460
Zeitungspapier   180
Zucker   410
Zündholzkopf   80

Man kann also nach obiger Tabelle z.B. Diesel bei Raumtemperatur nicht entzünden. Allerdings, hält man ein Streichholz lange genug an die Dieseloberfläche, so erhitzt sich der Diesel in der Nähe des Streichholzes über den Flammpunkt und zündet. Die Flamme breitet sich dann kreisförmig aus, da die gestartete Verbrennung zunehmend größere Bereiche der Dieseloberfläche über den Flammpunkt erwärmt.

Was passiert in einer Flamme?
Die Abläufe in einer Flamme sind extrem komplex und hängen naturgemäß von einer Vielzahl von Parametern ab, so dass man kaum allgemeine Aussagen treffen kann. Ganz allgemein muss in einer Flamme nicht unbedingt eine "Verbrennung" im herkömmlichen Sinn statt finden. Zur Erzeugung einer Flamme genügt die Zufuhr von ausreichend Energie um die Moleküle im Flammenbereich zu erhitzen und zu ionisieren. Diese Energie kommt in den meisten Fällen von einer Oxidationsreaktion mit Sauerstoff (die klassische Verbrennung), kann aber auch von einer beliebigen anderen Reaktion kommen (z.B. die Reaktion von Wasserstoff und Chlor zur Erzeugung von Chlorwasserstoff in einem HCl-Brenner) oder aus einem elektrischen Feld (z.B. Plasmaerzeugung für analytische Messgeräte wie ICP-AAS oder ICP-MS).

Bei Flammen unterscheidet man zwischen diffusionskontrollierten Flammen und Flammen in vorgemischten Gasen. Beispiele für diffussionskontrollierte Flammen sind die Gasflamme des Küchenherdes, die Flamme in einem Dieselmotor, oder die Flamme des im Chemielabor verwendeten Bunsenbrenners. Im Normalfall sind die in einer Flamme ablaufenden Reaktionen viel schneller als die Diffusion (= Vermischung auf molekularer Ebene) der beteiligten Gase. Darum wird die Verbrennung in solchen Flammen durch die Diffusionsgeschwindigkeit kontrolliert. Flammen in vorgemischten Gasen treten z.B. im Benzinmotor auf. Dabei wird die Geschwindigkeit der Flammenfront u.a. durch die Reaktionsgeschwindigkeit der beteiligten Gase bestimmt.




Last Update: 2013-08-08