Anorganische Chemie ist eine frei verfügbare Einführung in die anorganische Chemie. Details zum Buch finden Sie im Editorial....


Neodym-Eisen-Bor (NIB) Magnete

Autor: Hans Lohninger

In der Rubrik Chemie im Alltag werden Chemikalien des täglichen Gebrauchs und deren Wirkung allgemein verständich beschrieben.

Für chemische Details lesen Sie bitte auch die Seiten über Neodym, Eisen und Bor.

Die Diskussion um die "Supermagnete" aus einer Neodym-Eisen-Bor-Legierung reisst nicht ab. Der Grund für die Diskussionen ist einerseits im chinesischen De-Facto-Monopol auf Seltene Erden zu suchen und andererseits in den beträchtlichen Umweltschäden, die beim Bergbau und der Aufbereitung von Seltenerd-Vorkommen entstehen (siehe auch Weltweit größter Tagebau von Seltenen Erden in Bayan Obo, China).

Was hat es nun mit diesen "Supermagneten" auf sich, welche Eigenschaften haben sie, wie werden sie gefertigt, wieso braucht man sie überhaupt, und wie könnte ein Ersatz dafür aussehen?

Neodym-Eisen-Bor-Magnete (oder auch kurz NIB-Magnete, NIB steht für "Neodymium-Iron-Boron") sind die derzeit (2011) stärksten Dauermagnete, die man kennt. Das Energieprodukt ist mit rund 450 kJ/m3 nahezu doppelt so groß, wie das der letzten Generation von Dauermagneten aus einer Samarium-Cobalt-Legierung. NIB-Magnete sind so stark, dass sie das 1300-fache Eigengewicht tragen können. Fügt man zwei NIB-Magnete zusammen, so können sie mit bloßen Händen kaum mehr getrennt werden. Kinder, die mehr als einen Magneten verschlucken, müssen operiert werden, da es sonst zu einer lebensgefährlichen Darmperforation kommen kann (wenn die beiden Magnete sich in verschiedenen Teilen des Darms befinden und sich nahe genug kommen, so dass sie sich anziehen und die Darmwand dazwischen zerquetschen).

Zwei kleine NIB-Magnete. Foto: Wikimedia Commons, User Dalvin.
NIB-Magnete bestehen aus Neodym, Eisen und Bor im Molverhältnis 2:14:1 (chemische Summenformel: Nd2Fe14B). Rechnet man das in Gewichtsprozente um, so ergibt das 26.68 Gew-% Neodym, 72.32 Gew-% Eisen und 1 Gew-% Bor, d.h. dass etwas mehr als ein Viertel des Gewichts eines NIB-Magneten aus Neodym besteht. NIB-Magnete beginnen sich ab 80°C zu entmagnetisieren und sind korrosionsanfällig. Zur Verbesserung der Temperaturstabilität setzt man Dysprosium, Praseodym oder Terbium zu, die Korrosionsbeständigkeit kann durch zulegieren von Cobalt erhöht werden. Trotz dieser Maßnahmen, müssen NIB-Magnete mit einer Korrosionsschutzschicht überzogen werden (Nickel oder Expoxy-Kunstharz).

Die Herstellung der Neodym-Eisen-Bor-Magnete erfolgt in mehreren Schritten, die praktisch gleich sind mit der Herstellung der Samarium-Cobalt-Magnete: Zuerst wird die Legierung in einem Induktionsofen unter Vakuum aus den Bestandteilen zusammengeschmolzen, wobei zuerst Eisen und Bor unter Argon geschmolzen wird, und erst nach der Evakuierung das vorgewärmte Neodym zugesetzt wird. Dabei wird Neodym mit einem etwas höheren Anteil als theoretisch notwendig zugesetzt, um den nachfolgenden Sinterprozess zu unterstützen. Die fertige Legierung wird dann möglichst rasch abgekühlt und nach dem Erkalten zerschlagen und fein gemahlen. Das Pulver wird nun magnetisch ausgerichtet (durch Anlegen eines externen Magnetfeldes), gepresst und gesintert. Beim Sintern verhält sich das überschüssige Neodym wie ein "Klebstoff", da es bei niedrigerer Temperatur schmilzt als die Kristalle der Legierung und dadurch diese einbettet und nach dem Abkühlen zusammenhält.

Wozu braucht man diese Magnete? Nun neben einer Vielzahl von "Consumer"-Anwendungen, wie z.B. in Lautsprechern, oder in diversen Automobilanwendungen, wird mengenmäßig der größte Teil des produzierten NIB-Materials zur Zeit für Windkraftanlagen verwendet. Der Grund für die Verwendung dieser extrem starken Magnete liegt in der Effizienz der Generatoren - je stärker das Magnetfeld, desto effizienter sind diese Generatoren. Ein großes Windrad mit 3 MW Leistung benötigt ca. 1.5 Tonnen Neodym. Nachdem in den letzten Jahren der Ausbau der Windkraftanlagen massiv gesteigert wurde, ist auch der Bedarf an Neodym enorm gestiegen (auf 120000 Tonnen im Jahr 2010, eine Vervierfachung in den letzten 25 Jahren) - mit allen Folgen was den Preis und die Umweltschäden angeht.

Ein Ersatz der NIB-Magnete ist zur Zeit nicht in Sicht. Allerdings haben alle Industrienationen große Forschungsprogramme aufgelegt, die zur nächsten Generation an Hochleistungsdauermagneten führen soll. Ein Ansatz dazu ist der Einsatz von Nanotechnologie, bei dem nanokristalline Verbundwerkstoffe die Menge des benötigten Neodyms um den Faktor 5 erniedrigen sollen (bei gleichzeitiger Steigerung der Magnetfeldstärke).



Last Update: 2013-08-08