Anorganische Chemie ist eine frei verfügbare Einführung in die anorganische Chemie. Details zum Buch finden Sie im Editorial....


Atomorbitale

Autor: Hans Lohninger

Atomorbitale können entsprechend der Quantentheorie mit vier Kennzahlen (sog. Quantenzahlen) beschrieben werden, die mit n (Hauptquantenzahl), l (Nebenquantenzahl), ml (Magnetquantenzahl) und ms (Spinquantenzahl) bezeichnet werden:

Hauptquantenzahl n Die Hauptquantenzahl bezieht sich auf das Energieniveau eines Elektrons und kann ganzzahlige Werte mit n >= 1 annehmen. Sie entspricht im Bohr'schen Atommodell den Schalen. Je größer n ist, um so höher ist seine potentielle Energie und um so weiter ist das jeweilige Elektron vom Atomkern entfernt. Jede Schale kann maximal 2n2 Elektronen aufnehmen.
Nebenquantenzahl l Die Nebenquantenzahl beschreibt den Bahndrehimpuls des Elektrons und ist für die "Form" des Orbitals ausschlaggebend. Die Nebenquantenzahl kann im Bohr'schen Atommodell als Unterschale interpretiert werden; diese Unterschalen werden mit den Buchstaben s (l=0), p (l=1), d (l=2), f (l=3), g (l=4) und h (l=5) bezeichnet. Für eine gegebene Hauptquantenzahl n sind maximal n Unterschalen erlaubt. Für n=2 kann die Nebenquantenzahl l also die Werte 0 und 1 annehmen (s und p)
Magnetquantenzahl ml Die Magnetquantenzahl beschreibt das Verhalten eines Orbitals wenn von außen ein Magnetfeld angelegt wird. Ist kein äußeres Magnetfeld vorhanden, so sind die Orbitale mit gleicher Haupt- und Nebenquantenzahl, aber unterschiedlicher Magnetquantenzahl energetisch gleich. Die Magnetquantenzahl kann ganzzahlige Werte von -l bis +l annehmen.
Spinquantenzahl ms Die Spinquantenzahl kann als "Drehrichtung" eines Elektrons angesehen werden, sie kann die Werte -0.5 und +0.5 annehmen.

Für die Besetzung der Atomorbitale eines Atoms im Grundzustand mit Elektronen gilt, dass zuerst immer die Orbitale mit niedriger Energie aufgefüllt werden. Gibt es mehrere Atomorbitale mit der selben potentiellen Energie, so werden diese zuerst mit Elektronen derselben Spinquantenzahl gefüllt. Da die potentielle Energie eines Elektrons ohne äußere Felder ausschließlich von der Haupt- und der Nebenquantenzahl abhängt, bestimmen diese beiden Quantenzahlen die Reihenfolge des Auffüllens der Orbitale. Allerdings wird die Reihenfolge durch die Überschneidung der Energiezustände der einzelnen Schalen etwas komplizierter. So weist die Unterschale 4s eine niedrigere Energie auf als die Unterschale 3d. Die folgende Abbildung zeigt das Energieschema der einzelnen Atomorbitale, wobei die Energieachse nicht linear ist, sondern nur ordinal zu verstehen ist:

Für jedes Energieniveau gibt es nun aufgrund der Magnetquantenzahl und der Spinquantenzahl eine unterschiedliche Zahl an Besetzungsmöglichkeiten mit Elektronen (symbolisiert durch die kleinen Pfeile in den Kästchen).

Die tatsächliche Elektronenbesetzung wird durch folgende Schreibweise symbolisiert: Jede Unterschale wird durch Haupt- und Nebenquantenzahl beschrieben, die Zahl der Elektronen in der betreffenden Unterschale wird durch eine Hochzahl angegeben; die einzelnen Unterschalen werden meist zur besseren Lesbarkeit mit Abständen getrennt geschrieben. So hat zum Beispiel Stickstoff im Grundzustand folgende Elektronenbesetzung:1s2 2s2 2p3. Bei Elementen mit hoher Ordnungszahl würde diese Schreibweise zu sehr langen, unlesbaren Zeilen führen. Man kürzt daher vollständig aufgefüllte Schalen mit dem Symbol des jeweiligen Edelgases, das diesen Schalen entspricht, in eckigen Klammern ab. Die Orbitalbesetzung von Stickstoff wird dann also als [He] 2s2 2p3 geschrieben. Cobalt schreibt man in dieser gekürzten Schreibweise mit [Ar] 3d7 4s2.

Betrachtet man nun die chemischen Elemente geordnet nach deren Ordnungszahl (= Zahl der Protonen im Kern, bzw. Zahl der Elektronen in der Schale), so sieht man, dass die Atomorbitale entsprechend ihrer potentiellen Energie beginnend mit der niedrigsten Energie aufgefüllt werden. Wasserstoff hat also die Elektronenbesetzung 1s1, Helium 1s2, Lithium 1s2 2s1, Beryllium 1s2 2s2, Bor 1s2 2s2 2p1, usw. Die Edelgase weisen jeweils vollständig gefüllte Schalen auf. Schreibt man alle Elemente mit gleicher Elektronenzahl der noch nicht vollständig aufgefüllten Schalen untereinander und alle Elemente mit gleicher vollständig gefüllter Schale nebeneinander (mit aufsteigender Ordnungszahl), so erhält man das Periodensystem der Elemente.



Last Update: 2013-08-08