Anorganische Chemie ist eine frei verfügbare Einführung in die anorganische Chemie. Details zum Buch finden Sie im Editorial....


Titandioxid in Zahnpasta und Sonnencreme

Autor: Hans Lohninger

In der Rubrik Chemie im Alltag werden Chemikalien des täglichen Gebrauchs und deren Wirkung allgemein verständich beschrieben.

Für chemische Details lesen Sie bitte auch die Seite über Titandioxid.

Titandioxid gehört zu jenen unscheinbaren Chemikalien, die ein breites Spektrum von Anwendungen aufweisen, die von Zahnpasta bis Sonnencreme, von weißem Pigment in Malerfarbe ("Titanweiß") bis zu Korrekturlacken, von der Papierbeschichtung bis zu Keramikkondensatoren für elektronische Schaltungen reicht. Titandioxid ist als Lebensmittelzusatzstoff (E171) unbegrenzt zugelassen; die unbegrenzte Zulassung stammt allerdings aus einer Zeit, in der Nanopartikel noch gar nicht hergestellt werden konnten.

In letzter Zeit (1. Halbjahr 2011) ist eine Diskussion um gesundheitsgefährdende Effekte von Titandioxid in Form von Nanopartikeln ausgebrochen, insbesonders auch deshalb, weil schweizer und französische Forscher zeigen konnten, dass Nanopartikel aus Titandioxid Entzündungen hervorrufen. Es steht also die Vermutung im Raum, dass Titandioxid je nach Größe der Partikel unterschiedlich einzustufen sein wird.

Zahnpasta
Titandioxid erfüllt in der Zahnpasta zwei Aufgaben: Zum einen wird es als weißes Pigment eingesetzt, das allerdings keine Bedeutung für die Farbe der Zähne hat, sondern ausschließlich dazu dient, die Zahnpasta strahlend weiß zu machen - Psychologie und Werbung haben hier sicher eine große Bedeutung (strahlend weiße Zähne durch eine gelbbraune Zahnpasta zu bekommen, ist ja wohl schlecht argumentierbar, vermutlich treibt dieses Szenario den Werbern den Angstschweiß auf die Stirn). Zum anderen dient Titandioxid neben verschiedenen Silikaten oder Speisesoda auch als Scheuermittel um oberflächliche Anlagerungen beim Zähneputzen besser entfernen zu können.

Im Gegensatz zu vielen Meinungen, die in letzter Zeit in Zeitschriften und in Internetforen zu lesen waren, liegt Titandioxid in Zahnpasta nicht in Form von Nanopartikeln vor. Die Partikel haben eine Größe im Mikrometerbereich - einfach deshalb, weil Titandioxid im Nanobereich seine Eigenschaften als weißes Pigment verliert (die Nanopartikel werden durchsichtig).

Sonnencreme
In Sonnencreme ist die Situation genau umgekehrt. Hier sind Nanopartikel erwünscht, da sonst die Creme einen weißen, eher zähen Belag erzeugt. Die Titandioxid-Nanopartikel (ca. einen Faktor 100 kleiner als in der Zahnpasta) sind durchsichtig, verlieren aber nicht ihre Schutzwirkung. Sonnenschutzmittel mit sehr hohen Lichtschutzfaktoren sind auf Titandioxid angewiesen, da sich hohe Schutzfaktoren mit herkömmlichen, für Sonnenschutzmittel zugelassenen Chemikalien, nicht erreichen lassen.

Das Problem ist nun, dass Titandioxid-Nanopartikel im Verdacht stehen, gesundheitliche Auswirkungen auf lebende Organismen zu haben, da Titandioxid in Nanoform fotokatalytische Eigenschaften aufweist, die bei UV-Bestrahlung zur Bildung freier Sauerstoff-Radikale in Wasser führt. Freie Sauerstoff-Radikale sind zellschädigend und können Krebs auslösen. Die Kosmetikindustrie versucht nun die fotokatalytischen Eigenschaften zu minimieren, in dem die Nanopartikel mit einer Schutzschicht überzogen werden, die den Lichtschutzfaktor erhält, die katalytische Wirkung der Partikel aber unterdrückt.

Die Forschungsergebnisse sind in diesem Bereich allerdings noch unvollständig und widersprüchlich, der Konsument sollte hier also Vorsicht walten lassen. (Ein privater und kostenloser Tipp vom Autor: den höchsten Sonnenschutzfaktor hat immer noch passende Bekleidung......)




Last Update: 2013-08-08