Anorganische Chemie ist eine frei verfügbare Einführung in die anorganische Chemie. Details zum Buch finden Sie im Editorial....


Dissoziationskonstante

Autor: Hans Lohninger

Die Dissoziationskonstante spezifiziert die Tendenz einer Substanz AxBy sich in einer Lösung reversibel in zwei kleinere Teile A und B zu spalten:

AxBy xA + yB

Die Dissoziationskonstante wird mit Kd bezeichnet und wird wie folgt berechnet:

wobei [A], [B], und [AxBy] die molaren Konzentrationen der Moleküle/Ionen A, B, und AxBy sind.

Die Dissoziationskonstante ist die unmittelbare Konsequenz des Massenwirkungsgesetzes, das die Gleichgewichtskonzentrationen in einer allgemeinen Form beschreibt. Die Dissoziationskonstante wird manchmal auch Ionisationskonstante genannt, wenn es sich bei dem dissoziierten Stoff um ein Salz handelt. Der Kehrwert der Dissoziationskonstante wird Assoziationskonstante genannt.

Das Ionenprodukt von Wasser

Formal erfolgt die Dissoziation von Wasser nach folgender Gleichung:

H2O H+ + OH-

Daraus ergibt sich die Dissoziationskonstante als

Kd = [H+][OH-] / [H2O] = 2.1610-16

Allerdings bleibt die Konzentration des nicht dissoziierten Wassers durch den Dissoziationsprozess nahezu unverändert (bedingt durch den niedrigen Wert von Kd). Wir können also annehmen, dass ein Liter Wasser bei 25°C 55.39 mol undissoziiertes Wasser enthält. Zur Vereinfachung kann man nun diese konstante Wasserkonzentration in die Dissoziationskonstante Kd hineinrechnen, so dass man zum Ionenprodukt des Wassers, Kw, kommt:

Kw = Kd[H2O] = [H+][OH-] = 2.1610-1655.39 = 1.210-14

Der Wert von Kw ändert sich mit der Temperatur beträchtlich. Darum muss die Temperaturabhängigkeit für genaue Messungen z.B. des pH-Werts auf jeden Fall berücksichtigt werden.

Wasser-
temperatur
[°C]
Ionenprodukt
Kw
[10-14]
pKw(1)
0 0.1 14.92
10 0.3 14.52
18 0.7 14.16
22 1.0 14.00
25 1.2 13.92
30 1.8 13.75
50 8.0 13.10
60 12.6 12.90
70 21.2 12.67
80 35 12.46
90 53 12.28
100 73 12.14

Wie man aus der Tabelle erkennen kann, verändert sich Kw zwischen 0°C und 100°C um den Faktor 730, was fast 3 Einheiten auf der pKw-Skala entspricht.

Säure-Base-Reaktionen

Das Konzept der Dissoziationskonstante kann auch auf die Deprotonierung von Säuren angewendet werden. In diesem Fall wird die Dissoziationskonstante mit Ka ("Säurekonstante") bezeichnet (je größer Ka, desto stärker die Säure).

Polyprotische Säuren (z.B. Kohlensäure oder Phosphorsäure) weisen mehrere Dissoziationskonstanten auf, da ja mehr als ein Proton abgegeben werden kann. Die Abspaltung der Protonen geht bei polyprotischen Säuren nicht gleichzeitig, sondern nacheinander.

H3A H+ + H2A- Ka1 = [H+][H2A-]/[H3A] pKa1 = -lg(Ka1)
H2A- H+ + HA2- Ka2 = [H+][HA2-]/[H2A-] pKa2 = -lg(Ka2)
HA2- H+ + A3- Ka3 = [H+][A3-]/[HA2-] pKa3 = -lg(Ka3)

Siehe auch die wichtigsten Säurekonstanten.

Andere Anwendungsgebiete

Das Konzept der Dissoziationskonstante wird in etlichen Gebieten der Chemie und Pharmakologie angewendet. So beschreibt die Dissoziationskonstante bei Protein-Liganden-Komplexen die Affinität eines Liganden zum jeweiligen Protein. Je kleiner die Dissoziationskonstante ist, desto stärker ist der Ligand gebunden. Ähnliches gilt für die Antikörper-Antigen-Bindung (hier wird allerdings der Kehrwert der Dissoziationskonstante verwendet und als Affinitätskonstante bezeichnet).



(1) Für pKw gilt pKw = -log10(Kw).



Last Update: 2013-08-08